BFH bestätigt Steuerbefreiung1
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 4. Juni 2025 (Az. II R 18/23), das am 23.10.2025 veröffentlicht wurde, eine grundlegende Entscheidung zur Schenkungsteuerbefreiung bei der Übertragung eines Familienheims auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) getroffen. Die Entscheidung ist von erheblicher praktischer Bedeutung für Ehepaare, die ihr gemeinsam genutztes Wohnhaus in eine GbR (Familien-GbR) einbringen möchten.
Im entschiedenen Fall gründeten Eheleute eine GbR, an der beide zu jeweils 50 Prozent beteiligt waren. Die Ehefrau, die Alleineigentümerin eines gemeinsam bewohnten bebauten Grundstücks war, brachte dieses Familienheim in das Gesellschaftsvermögen der GbR ein. Die Übertragung erfolgte notariell beurkundet und wurde als unentgeltliche ehebedingte Zuwendung ausgestaltet.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass für diese Übertragung keine Schenkungsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) gewährt werden könne, weil das Grundstück nicht in das Alleineigentum oder Miteigentum, sondern in Gesamthandseigentum der GbR übertragen wurde. Es setzte daher Schenkungsteuer auf den hälftigen Grundstückswert in Höhe von rund 243.000 Euro fest.
Der Bundesfinanzhof widersprach der Auffassung des Finanzamts und bestätigte die Steuerbefreiung. Die Entscheidung beruht auf zwei wesentlichen Grundsätzen:
Bereicherung des Ehegatten
Der BFH stellte zunächst klar, dass bei der unentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks in eine GbR schenkungsteuerrechtlich nicht die Gesellschaft selbst, sondern die Gesellschafter als bereichert anzusehen sind. Dies gilt unabhängig davon, dass zivilrechtlich die GbR als teilrechtsfähige Gesellschaft Eigentümerin des Grundstücks wird.
Überträgt also ein Ehegatte sein Familienheim auf eine GbR, an der beide Eheleute zu gleichen Teilen beteiligt sind, wird der andere Ehegatte in Höhe seines Gesellschaftsanteils – hier also zur Hälfte – schenkungsteuerrechtlich bereichert. Eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt damit vor.
Steuerbefreiung auch bei Gesamthandseigentum
Die zentrale Frage war, ob die Steuerbefreiung für Familienheime auch dann greift, wenn das Eigentum als Gesamthandseigentum (GbR-Anteil) und nicht als Alleineigentum oder Miteigentum übertragen wird. Die Schenkung der Immobilie (nicht des Gesellschaftsanteils an der GbR) wäre über das Familienheimprivileg nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei. Solche Zuwendungen, die den engeren Kern der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft berühren, sollten schenkungsteuerrechtlich privilegiert werden (vgl. BTDrucks 13/901, S. 157).
Allerdings setzt § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG2 nach seinem Wortlaut voraus, dass ein Ehegatte dem anderen Ehegatten durch Zuwendung unter Lebenden „Eigentum“ oder Miteigentum“ an einem Familienheim verschafft. Der Begriff des „Gesamthandseigentums“, wie bei der GbR, wird in der Vorschrift nicht genannt.
Der BFH bejahte dies: „Sieht man den an der GbR als Gesellschafter beteiligten Ehegatten unabhängig von der zivilrechtlichen Betrachtung schenkungsteuerrechtlich
durch die unentgeltliche Übertragung des Familienheims in das Gesellschaftsvermögen der GbR als bereichert an (…), ist auch für die Frage, wem durch die Zuwendung unter Lebenden Eigentum an dem Familienheim verschafft wird, auf den bereicherten Ehegatten abzustellen. Das über die GbR dem Gesellschafter als Beteiligtem am Gesamthandsvermögen zugerechnete Eigentum ist für die Gewährung der Steuerbefreiung ausreichend.„
Der Gesetzgeber wollte mit § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG die lebzeitige Zuwendung des Familienheims zwischen Eheleuten von der Besteuerung ausnehmen, weil solche Zuwendungen den Kern der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft berühren.
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die notarielle Gestaltungspraxis:
Ehepaare können ihr Familienheim ohne schenkungsteuerliche Nachteile in eine gemeinsame Familien-GbR (zunächst bestehend aus den Ehegatten) einbringen. Dies kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein, etwa zur Strukturierung des Familienvermögens oder aus erbrechtlichen Überlegungen. Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG greift auch dann, wenn das Grundstück formal im Gesamthandseigentum einer GbR steht. Selbstverständlich müssen alle sonstigen Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllt sein.
Das betrifft viele Gestaltungen von Familiengesellschaften. Solche Familiengesellschaften ermöglichen es Eltern, ihre Kinder schon zu Lebzeiten am Familienvermögen – ob Immobilien, Unternehmen oder Wertpapiere – zu beteiligen, ohne die Kontrolle vollständig abzugeben. In der Regel gründen die Eltern eine Familiengesellschaft als Personengesellschaft (z.B. GbR oder KG), bringen ihr Vermögen ein und beteiligen dann die Kinder. Der entscheidende Vorteil: Im Gesellschaftsvertrag lassen sich Verwaltungs- und Nutzungsrechte individuell regeln. Anders als bei einer direkten Schenkung oder Miteigentumsübertragung können die Eltern ihre Entscheidungsbefugnisse weitgehend bewahren und den Übergang schrittweise (durch Erhöhung der Beteiligung unter Beachtung der Steuerfreibeträge alle 10 Jahre) gestalten. Auch erleichtern gesellschaftsrechtliche Instrumente wie das „Anwachsungsprinzip“ und die Sondererbfolge den langfristigen Erhalt des Vermögens über Generationen hinweg.
Für Ehepaare, die eine solche Gestaltung erwägen, empfiehlt sich eine umfassende Beratung durch einen Notar.
- Aktenzeichen: BFH, Urteil vom 04.06.2025, II R 18/23 | Vorinstanz: FG München, 21.06.2023, 4 K 1639/21 ↩︎
- Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG bleiben steuerfrei Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen bebauten Grundstück im Sinne des § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG verschafft, soweit darin eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (Familienheim), oder den anderen Ehegatten von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder der Herstellung des Familienheims freistellt. ↩︎
