Im vergangenen Jahr gab es einige interessante Entscheidungen zu den Notarkosten im Gesellschaftsrecht. Sie betreffen insbesondere die Berechnung von Notarkosten bei verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Transaktionen z.B. die Notarkosten bei Kapitalerhöhungen, Spaltungen oder den Beitritt zu einer Gesellschaftervereinbarung (Shareholders Agreement) sowie die Bewertung von Anteilen an Gesellschaften in bestimmten Konstellationen.
Geschäftswert für die Beurkundung einer Erhöhung des Stammkapitals
BGH, Beschluss vom 12.9.2023 – II ZB 6/23
In einer für Finanzierungsrunden und im Startup-Bereich prägenden Entscheidung des BGH wurde festgestellt, dass für die Bemessung des Geschäftswerts eines Gesellschafterbeschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals nicht nur der Nennwert der auszugebenden Geschäftsanteile maßgeblich ist, sondern auch der sich aus einer gesondert vereinbarten Zuzahlung in die Kapitalrücklage ergebende höhere Wert herangezogen werden kann. Dies bedeutet, dass die Kosten für die Beurkundung eines solchen Beschlusses höher sein können, wenn eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage vereinbart wurde.
„Die Wertvorschriften für das Beurkundungsverfahren sehen in § 97 I GNotKG vor, dass sich bei der Beurkundung von Verträgen und Erklärungen der Geschäftswert nach dem Wert des Rechtsverhältnisses bestimmt, das Beurkundungsgegenstand ist. Die Norm ist nach dem BGH auch auf Beschlüsse anwendbar, soweit § 108 GNotKG keine spezielle Regelung vorsieht.
Der Wert der Beschlussfassung über eine Erhöhung des Stammkapitals bei der GmbH entspricht dem Wert des neu geschaffenen oder erhöhten Geschäftsanteils, wenn dieser den Ausgabebetrag der Anteile übersteigt. Verpflichtet sich der Übernehmer, für die in der Kapitalerhöhung ausgegebenen Geschäftsanteile eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage gemäß § 272 II Nr. 4 HGB zu leisten, ist dies ein relevanter Anhaltspunkt für die Wertbestimmung.
Auswirkungen:
Die Grundsätze der BGH-Entscheidungen wirken sich auf alle Kapitalerhöhungen aus und gehen weit über die Anwendung in Finanzierungsrunden hinaus.
Aber gerade in Finanzierungsrunden führt die Entscheidung des BGH unter Umständen mitunter unangemessen hohen Beurkundungskosten durch die Kapitalerhöhung. Zum einen ist der maßgebliche Wert der Urkunde durch das Investment Agreement und dort besonders durch den Zuzahlungsbetrag bestimmt, zum anderen schlägt der Investmentbetrag dann noch einmal mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss zu Buche. Um die Kosten abzumildern, werden verschiedene Wege vorgeschlagen:
Zusammenfassen in einer Urkunde:
Werden alle Bestandteile in einer Urkunde zusammengefasst (Teil A = Investment Agreement, Teil B = Kapitalerhöhungsbeschluss nebst Übernahmeerklärungen), tritt der Degressionseffekt ein (Gebühren steigen langsamer im Verhältnis zum steigenden Gesamtwert). Bei höheren Werten kann die Gebührenobergrenze eingreifen. Der Höchstwert für einen Gesellschafterbeschluss beträgt gemäß § 108 Abs. 5 GNotKG 5 Mio. EUR.
Wert bereits im Investmentagreement erfasst?
Teilweise wird vorgeschlagen, dass der Wert der Zuzahlung (Investmentbetrag) bereits in der Urkunde enthalten ist und deshalb nicht noch einmal auf die Kapitalerhöhung anzusetzen ist.
Der Ansatz ist sicherlich nicht unumstritten, weil eigentlich ein Beschluss rechtlich gegenstandsverschieden zu dem Vertrag (§ 110 GNotKG). Das soll sich dadurch auflösen, wenn nur der Auffangwert des Beschlusses mit 30.000 Euro als gegenstandsverschieden angesehen wird und der überschießende Betrag des Investments quasi als Gegenleistung (§ 97 Abs. 3 GNotKG) zu der Investitionsverpflichtung verstanden wird. Bei Verträgen, die den Austausch von Leistungen zum Gegenstand haben, ist nämlich nur der Wert der Leistungen des einen Teils maßgebend; wenn der Wert der Leistungen verschieden ist, ist der höhere maßgebend. Wenn der Vertrag zur Fassung der Kapitalerhöhung verpflichtet, könne man also annehmen, dass dann nur der höhere Wert anzusetzen ist. Durch Rechtsprechung ist dieser Ansatz nicht abgesichert. Soweit ersichtlich handelte es sich bei der BGH-Entscheidung nicht um eine Beurkundung von Investment- und Kapitalerhöhung sondern um einen isolierten Kapitalerhöhungsbeschluss. Dennoch ist unsicher ob dieser Bewertungsansatz vor dem Hintergrund der BGH-Entscheidung zu halten ist. Die nachfolgende Entscheidung des OLG Düsseldorf deutet in eine andere Richtung. zeigen auch neuere Entscheidungen.
Genehmigtes Kapital
Eine andere Möglichkeit, die Notarkosten bei der Ausgabe neuer Geschäftsanteile zu reduzieren, besteht darin, von Anfang an (schon bei der Gründung oder später auf Vorrat) genehmigtes Kapital gemäß § 55a GmbHG zu schaffen und dann für die Finanzierungsrunde zu nutzen. In diesem Fall erfolgt die Kapitalerhöhung nicht durch einen Beschluss der Gesellschafter, sondern durch einen Beschluss der Geschäftsführer, der nicht der notariellen Form des § 53 GmbHG unterliegt.
Bewertung der Geschäftsanteile bei einer Kapitalerhöhung und bei einer Spaltung und Sachgründung
OLG Düsseldorf (10. Zivilsenat), Beschluss vom 09.01.2024 – 10 W 53/23
Im Zentrum der Entscheidung steht die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH im Rahmen einer Ausgliederung, bei der das Kapital von 52.000 € auf 104.000 € erhöht wurde. Die Vermögensgegenstände aus einem Teilbetrieb der abgebenden GmbH, sollten auf eine andere GmbH übertragen werden. Dazu wurden 52.000 neue Geschäftsanteile im Nennbetrag von jeweils 1,00 € ausgegeben. Diese neuen Anteile dienten als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens der H. GmbH.
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2 und § 108 Abs. 4 GNotKG muss der Wert der Sacheinlage bei einer Kapitalerhöhung anhand des Wertes der Einlage und nicht nach dem Nominalwert bestimmt werden. Dieser Wert ist ohne Abzug von Verbindlichkeiten anzugeben. Im zu entscheidenden Fall betrug der Wert der Aktiva in der Teilbilanz 201.097 €.
Das OLG hat entschieden, dass dies auch für den Kapitalerhöhungsbeschluss gilt, der im Falle einer Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz bei dem übernehmenden Rechtsträger gefasst wird. Es ist unerheblich, dass der Wert des abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögens (ohne Schuldenabzug) bereits bei dem Zustimmungsbeschluss zugrunde gelegt wird.
Im Anschluss an die BGH Entscheidung wird der Geschäftswert eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals wird unter Berücksichtigung des § 97 Abs. 1 und 2 GNotKG ermittelt. Der Wert des neu geschaffenen oder erhöhten Geschäftsanteils ist der maßgebliche Wert, wenn er den Ausgabebetrag übersteigt. In diesem Fall lag der Wert der übertragenen Vermögensgegenstände bei 201.097 €, was den Ausgabebetrag der neu geschaffenen Anteile von 52.000 € deutlich übersteigt.
Diese Entscheidung verdeutlicht die Auswirkungen der BGH-Entscheidung zum Geschäftswert bei Kapitalerhöhungen.
Berechnung Shareholders Agreement
LG Düsseldorf (19. Zivilkammer), Beschluss vom 19.04.2023 – 19 OH 1/21,OLG Düsseldorf (10. Zivilsenat), Beschluss vom 16.08.2023 – 10 W 54/23
Die kostenrechtliche Behandlung von der Beurkundung von Shareholders Agreements war und ist aufgrund fehlender eindeutiger Regelungen im GNotKG nicht immer einheitlich.
In Entscheidungen des LG und später des OLG Düsseldorf ging es um die Beschwerde gegen die Berechnung von Notargebühren für die Beurkundung von Kapitalmaßnahmen und den Beitritt zu einem Shareholders Agreement.
Der Beitritt zu einem Shareholders Agreement wurde als Vertragsübernahme gewertet, wobei der Wert der übernommenen Vereinbarung als Berechnungsgrundlage diente. Weil die Beurkundungen im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung und einer Beteiligungsvereinbarung auf Basis einer Unternehmensbewertung von 10,3 Millionen standen, nahmen beide Instanzen (LG Düsseldorf, Beschluss vom 19.4.2023, 19 OH 1/21), an, dass eine Wertfestsetzung für das Shareholders Agreement auf Grundlage der Pre-Money-Bewertung und der im Zusammenhang stehenden Finanzierungsrunde möglich ist.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte fest, dass die zum Zeitpunkt der Beurkundung vorliegende Unternehmensbewertung und die unmittelbar danach erfolgten Investitionen geeignete Anhaltspunkte für die Wertermittlung darstellten. Die Tatsache, dass die Finanzierungsrunde erfolgreich war, bestätige den Unternehmenswert von 10,3 Millionen Euro.
Konkret hatte der Notar einen Wert von 5.964.000,00 EUR für die Einbringung von Anteilen angesetzt, basierend auf einer Pre-Money-Bewertung der GmbH von 10,3 Mio. EUR. Der Notar setzte außerdem für den Einbringungsvertrag und die Beitrittsvereinbarung denselben Wert von 5.964.000,00 EUR an.
Den Wert der Gesellschaftervereinbarung bestimmte das Gericht dabei aufgrund der umfassenden wechselseitigen Optionen zur Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter und der GmbH im Hinblick auf eine künftige Investitionsentscheidung, und setzte ihn damit dem Investmentbetrag gleich. Der kostenrechtliche Wert eine Vertragsübernahme ist der Wert des übernommenen Vertrages im Zeitpunkt der Beurkundung (§§ 96, 10 GNotKG) . Der Wert der Gesellschaftervereinbarung ergibt sich dann aufgrund der umfassenden wechselseitigen Optionen zur Regelung der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Hinblick auf eine künftige Investitionsentscheidung und sei deshalb mit dem Wert der Gesellschaft gleichzusetzen ist. Für den Wert des Beitritts zu der Gesellschaftervereinbarung ist dabei mit dem Wert des beitretenden Anteils anzusetzen.
Anmerkung:
In der Praxis werden allerdings Gesellschaftervereinbarungen oft nicht mit 100% der Post-Money-Bewertung eines Unternehmens angesetzt, sondern lediglich mit 50%. Diese Vorgehensweise weicht von der Auffassung des Landgerichts Düsseldorf ab, das eine vollständige Berücksichtigung der Post-Money-Bewertung fordert. Eine Bewertung zu 100% ist meiner Meinung nach nicht interessengerecht, weil die Eintrittswahrscheinlichkeit der Optionen gering ist. Alternativ kann eine Einzelbewertung der enthaltenen Klauseln und deren Eintrittswahrscheinlichkeit vorgenommen werden (LG München I, MittBayNot 2019, 193), was jedoch in der Regel sehr aufwendig ist.
In der Praxis tendieren viele zu einer Pauschalbewertung aller Regelungen mit Abschlägen bei einer Bewertung von 50% der Post-Money-Bewertung. Abschläge von bis zu 50% stellen auch nach Auffassung der Berliner Notarkammer in der Regel eine pflichtgemäße Ermessensausübung dar. Bei niedrigeren Gebührenansätzen hat die Notarkammer dagegen Zweifel an der Rechtmäßigkeit.
Versteht man Beteiligungsverträge als GbR-Verträge, dann lässt sich zudem die Wertobergrenze für die Beurkundung von Gesellschaftsverträgen und Satzungen ansetzen, die höchstens 10 Millionen Euro beträgt.
Bewertung von Anteilen an einer gemeinnützigen GmbH
BGH, Beschl. v. 6.2.2024 – II ZB 19/22
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) befasste sich mit der Frage, wie der Geschäftswert für die notarielle Beurkundung der Übertragung eines Geschäftsanteils an einer gemeinnützigen GmbH zu bestimmen ist.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Notar den Geschäftswert auf der Grundlage des Eigenkapitals der Gesellschaft berechnet, was zu einer hohen Kostenberechnung führte. Der BGH entschied, dass die Heranziehung des Geschäftswerts in Höhe des Eigenkapitals der Gesellschaft rechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Gesetzgeber hat mit § 54 GNotKG eine besondere Bewertungsvorschrift für Anteile an Kapitalgesellschaften und für Kommanditbeteiligungen geschaffen. Danach ist an das Eigenkapital im Sinne von § 266 Abs. 3 HGB anzuknüpfen, wenn keine genügenden Anhaltspunkte für einen höheren Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften und von Kommanditbeteiligungen bestehen. Eine Reduktion kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber bewusst entschieden hat, gemeinnützige Vereinigungen im Rahmen des § 54 GNotKG nicht gebührenmäßig zu privilegieren.
Bewertung von Anteilen an einer Gesellschaft mit Grundbesitz
In einer Entscheidung des OLG Karlsruhe ging es um eine rechtliche Auseinandersetzung bezüglich der Kostenberechnung eines Notars für ein Beurkundungsverfahren zur Übertragung von Kommanditanteilen an einer Grundstücksgesellschaft. Der Kern des Streits betraf die Bestimmung des Geschäftswerts für das Beurkundungsverfahren. Das Landgericht und das Beschwerdegericht entschieden, dass die Tätigkeit der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Beurkundung überwiegend vermögensverwaltend war und daher der Geschäftswert nach dem Gesamtwert des Vermögens der Gesellschaft festgelegt werden konnte. Zwar sah die Satzung auch andere Gegenstände vor, die aber zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht verfolgt wurden. Nachträgliche Veränderungen in der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft sind für die Festlegung des Geschäftswertes irrelevant.
Außerdem war es unerheblich, dass der Erwerb der Grundstücke durch die Gesellschaften mit Krediten erfolgte (kein Abzug). Das ergibt sich aus dem Zweck des § 54 Satz 3 GNotKG, der darin liegt, eine Ungleichbehandlung zu einfachen Grundstücksverkäufen zu vermeiden. Denn auch dort gilt das Schuldenabzugsverbot des § 38 GNotKG.
Geschäftswert der notariellen Beurkundung eines Treuhänderwechsels
Der BGH hat mit dem Beschluss vom 26.1.2023 – III ZB 9/22 entschieden, dass für einen Treuhänderwechsel (an einer GmbH) das für die Treuhändertätigkeit vereinbarte Honorar für fünf Jahre maßgeblich ist, nicht aber der Wert der abgetretenen Geschäftsanteile selbst. Gemäß § 86 I GNotKG wird der Beurkundungsgegenstand durch das Rechtsverhältnis bestimmt, auf das sich die Erklärungen beziehen. Wenn mehrere Rechtsverhältnisse vorliegen, gelten diese nach § 86 II GNotKG als gesonderte Beurkundungstatbestände, deren Werte entsprechend § 35 I GNotKG zusammenzuzählen sind. Eine Ausnahme bildet der (eng auszulegende) § 109 GNotKG. Ein einheitlicher Beurkundungsgegenstand liegt danach vor, wenn zwischen den Rechtsverhältnissen ein Abhängigkeitsverhältnis besteht.
Für den Wechsel eines Treuhänders soll es dabei primär auf den Wechsel selbst ankommen. Die Abtretung der Geschäftsanteile ist letztlich nur die notwendige Übergabe des Treueguts vom ursprünglichen Treuhänder an den neuen Treuhänder. Die Rechtsprechung bestimmt daher für die Kosten der Beurkundung eines Treuhänderwechsels nach der Höhe des vereinbarten Honorars für die Treuhändertätigkeit, denn dieses ist das maßgebliche Rechtsgeschäft. Ist überhaupt keine Vergütung für die Treuhand vereinbart, ist der Geschäftswert nach billigem Ermessen zu bestimmen und mangels genügender Anhaltspunkte gemäß § 36 III GNotKG mit dem Auffangwert von 5.000 EUR anzusetzen.