Viele Menschen möchten bereits zu ihren Lebzeiten Vermögen an ihre Nachfolger übertragen. Als „‚vorweggenommene Erbfolge“ bezeichnet man lebzeitige Übertragungen des Vermögens, die allerdings erbrechtliche Konsequenzen haben können. Besonders im Steuerrecht spielt die vorweggenommene Erbfolge eine wichtige Rolle, daher ist eine enge Abstimmung mit einem Steuerberater ratsam. Lebzeitige Schenkungen ermöglicht die Nutzung von Steuerfreibeträgen beider Elternteile, sie können auch zukünftige Erbstreitigkeiten vermeiden und die Ansprüche auf Pflichtteile reduzieren.
Der praktisch häufigste Fall ist die Übertragung von Immobilienvermögen an die Kinder.
Schenkung / Überlassung Immobilie
Rechtlich sind solche Grundstücksüberlassungen, Schenkungsverträge. Das bedeutet, es sind die Auswirkungen auf Pflichtteilsberechtigte, oder Ansprüche wegen Verarmung des Schenkers zu beachten. Letzter spielt eine erhebliche Rolle, wenn der Schenker Pflegebedürftig wird, weil der Anspruch u.U. auch vom Pflegeträger geltend gemacht werden kann.
In Übertragungsvereinbarungen können auch die Anrechnung des Pflichtteils als auch die Ausgleichungspflicht unter den Kindern geregelt werden. Es ist wichtig, diese Bestimmungen zum Zeitpunkt der Schenkung zu treffen, um spätere Unklarheiten zu vermeiden. Durch die lebzeitige Übertragung ergeben sich auch Möglichkeiten zur Reduzierung des Pflichtteils, insbesondere durch Frühzeitige Gestaltungen (zehn Jahresfrist) und die Anwendung des Niederstwertprinzips.
Falls Geschwister des Übernehmers nicht in den Übertragungsvertrag einbezogen wurden (auch weichende Geschwister genannt“), kann eine Abfindungszahlung unter der Bedingung eines Pflichtteilsverzichts vereinbart werden.
Familiengesellschaften
Eine ebenfalls beliebt Gestaltung ist die Errichtung von Familiengesellschaften.
Die Übertragung von Familienvermögen, insbesondere von Immobilien in eine Familiengrundbesitzgesellschaft (meistens als GbR oder KG) bietet attraktive steuerliche Vorteile. Oft fällt keine Grunderwerbsteuer an, während gleichzeitig die Möglichkeit besteht, Erbschaft- und Schenkungssteuern durch die Nutzung der jeweiligen Freibeträge erheblich zu reduzieren oder sogar ganz zu vermeiden. Zusätzlich kann unter bestimmten Umständen auch die Einkommensteuerbelastung durch die Nutzung des Familiensplittings innerhalb der Familie gesenkt werden.
Das funktioniert folgendermaßen:
Die Eltern gründen eine (e)GbR oder Kommanditgesellschaft und bringen Grundbesitz ein. Außerdem räumen sie den Kindern und Enkeln (gleich oder später) Gesellschaftsanteile ein.
Bei der Gründung einer Familiengrundbesitzgesellschaft durch die Einbringung von Immobilien entsteht in der Regel keine Grunderwerbsteuer, solange die Anteile an der Gesellschaft den Anteilen am Grundbesitz entsprechen. Dies bedeutet, dass, wenn die Übergeber beispielsweise zu gleichen Teilen Eigentümer des Grundbesitzes sind und diesen in eine Gesellschaft einbringen, an der sie jeweils zu 50% beteiligt sind, kein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt. Dieser Vorgang bleibt auch dann steuerfrei, wenn die Anteile innerhalb einer Familie an die nächste Generation übergehen, vorausgesetzt, es wird die gesetzlich vorgeschriebene Behaltefrist eingehalten.
Die spätere Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf die nächste Generation (z.B. Kinder oder Enkel) löst grundsätzlich keine Grunderwerbsteuer aus. Es kann jedoch Schenkungsteuer anfallen. Die Schenkungsteuer wird allerdings durch die Anwendung von Freibeträgen (§ 16 Abs. 1 ErbStG), begrenzt oder vermieden. Kinder können beispielsweise einen Freibetrag von 400.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) nutzen, Enkel einen von 200.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) nutzen.
Weil der der Wert im Zeitpunkt der Veräußerung maßgeblich ist, werden spätere Wertsteigerungen nicht berücksichtigt. Die Freibeträge können alle zehn Jahre erneut ausgeschöpft werden (§ 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG), womit durch strategisch geplante Schenkungen die Steuerbelastung über Generationen hinweg minimiert werden kann.
Die vermögensverwaltende Familiengrundbesitzgesellschaft hat nicht nur steuerrechtliche Vorteile.
Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen sind sehr flexibel, zum Beispiel bei der Kontrolle über das Gesellschaftsvermögen und die die langfristige Bindung der Gesellschafter.
Es wird bisher von der Rechtsprechung sogar akzeptiert, bei Familiengesellschaften zu regeln, dass die Erben eines verstorbenen Gesellschafters keine Abfindung bekommen. So kann man vermeiden, dass das die Gesellschaft Geld verliert, wenn ein Gesellschafter stirbt, und das Familienvermögen für die nächsten Generationen bewahren. In der Tendenz beschränkt die Rechtsprechung dies aber neuerdings, wenn dadurch missbräuchlich Pflichteilansprüche verkürzt werden, etwa bei einer eheblichen Altersdiskrepanz und nur zwei Gesellschaftern.
Die Übergeber können sich – wie beim klassischen Übergabevertrag – ein oder mehrere Nießbrauchrechte vorbehalten. Außerdem kann das Nießbrauchrecht nicht nur am Grundstück sondern auch an einem oder mehreren der übertragenen Gesellschaftsanteile vorbehalten werden.
Wenn Minderjährige beteiligt sind, ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers und die familiengerichtliche Genehmigung einzuholen. Eine spätere Erweiterung der Anteile im Wege der „Umbuchung“ ist hingegen ohne familiengerichtliche Genehmigung möglich.